Das Leben von Günther Uecker
Wer den vitalen Günther Uecker erlebt hat, kann es kaum glauben. Seine Kraft kommt aus tiefem Schmerz. 1930 an der pommerschen Ostseeküste geboren, erlebt der 14-jährige Junge in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs entsetzliche Dinge. Doch Traumata werden von der deutschen Nachkriegsgesellschaft verdrängt. Wer im Osten der Republik Künstler werden will, muss sich dem Hurra-Realismus der Sowjets fügen. Uecker, der Malerei in Wismar und Berlin-Weissensee studiert, sehnt sich nach Freiheit. Er flieht über die noch mauerlose Grenze. Mit einer Aktentasche, in die er Papiere und etwas Wäsche gestopft hat, kommt er 1955 nach Düsseldorf und lebt in bitterer Armut, um bei dem Alt-Expressionisten Otto Pankok an der Akademie studieren zu können. Plötzlich ist alles möglich: Figuration, Abstraktion, Aktion. Es entstehen erste Reliefs aus Eisennägeln. Berühmt-berüchtigt wird Uecker, als er seine Nägel 1964 bei einer Vernissage in ein Klavier schlägt. Im selben Jahr reüssiert er bei der Documenta III, wo er und seine Kollegen Heinz Mack und Otto Piene den legendären Zero-Raum mit beweglichen weiß-silbernen Objekten einrichten. 1988 entsteht ein Steinmal für das KZ Buchenwald, 1999 gestaltet Uecker den Andachtsraum des neuen Berliner Reichstags. Er lebt in der Schweiz und immer noch in Düsseldorf, wo er lange Zeit Professor an der Akademie war und die rheinisch-lockere Lebensart genießt, solange er mit tiefem Ernst seiner Kunst folgen kann.
Die Kunst von Günther Uecker
Man nennt Uecker gern den Nagelkünstler. Aber er arbeitet auch mit Schnüren und Asche, Holz und Sand, schafft Schriftbilder und zarte Aquarelle. Die Spuren der Nägel sind immer da. Man sieht sie als Prägedruck, als wirbelnde Strukturen einer Spirale, als Linien eines dichten Feldes. Im künstlerischen Akt bannt Uecker Wut und Wucht, seine Werke haben eine spröde, einmalige Poesie. Immer geht es ihm um das Leiden, das Ringen um Frieden und um eine Harmonie, die der Künstler dem ewigen Scheitern der Menschheit entgegensetzt.